Kirchen, Burgen, Brauereien – eine kleine Tour durch Sachsen

Bestimmt gibt es angenehmere Reisezeiten als den Jänner für einen Besuch in Deutschlands Osten. Aber Kälte und Wind haben den Vorteil, dass außer uns nur wenige Touristen unterwegs sind und so können wir die kulturellen Highlights des Freistaats Sachsen in aller Ruhe besuchen.

Gute 6 Stunden dauert die Fahrt von Vorarlberg nach Görlitz – unserem ersten Ziel. Die Kleinstadt mit 57.000 Einwohnern liegt direkt an der polnischen Grenze und hatte das Glück, dass sie im 2. Weltkrieg von der Zerstörung nahezu verschont geblieben ist. Die historische Altstadt mit Gebäuden aus Spätgotik, Renaissance und Barock blieb komplett erhalten und es ist kein Wunder, dass sie daher oft als Filmkulisse herhalten muss. Über 4000 großteils restaurierte Kultur- und Baudenkmäler sorgen für ein entsprechendes Flair. „In 80 Tagen um die Welt“, „Der Vorleser“ oder „Inglourious Basterds“ sind nur ein paar Beispiele, die der Stadt den Beinamen „Görliwood“ eingebracht haben.

Schon in der Mitte des 12. Jahrhunderts begann der Aufstieg zu einem wichtigen Handelszentrum. Vor allem die Tuchproduktion und der Handel mit Waid, das für eine blaue Färbung sorgte und europaweit nachgefragt wurde, hatten einen hohen Stellenwert. Auch heute noch kann man den ehemaligen Reichtum erahnen, wenn man durch die Straßen mit ihren noblen Villen und Bürgerhäusern schlendert. Dabei sind manche Gegenden komplett renoviert, in anderen ist noch viel Arbeit notwendig, um die wunderbaren Gebäude zu erhalten.

Wir wohnen am ruhigen Ende der Bahnhofstraße und genießen es, dass wir die komplette Innenstadt zu Fuß erreichen können. Über Ober- und Untermarkt laufen wir vorbei an Kirchen, vielen Bäckereien und Restaurants bis zur Peterskirche, die ganz in der Nähe der Lausitzer Neiße liegt. Auf der anderen Flußseite sehen wir Polen und da es eine Fußgängerbrücke gibt, laufen wir über die Altstadtbrücke nach Zgorzelec und kehren im Café Cukiernia 2.0 ein. Am Abend spazieren wir noch einmal auf die polnische Seite, um in einem urigen Gasthaus Piroggen zu essen. Sehr lecker.

Brauereien haben ebenfalls eine große Tradition. Ganz in unserer Nähe befindet sich die Landskronbrauerei (nicht zu verwechseln mit dem Hausberg „Landeskrone“), die wir besichtigen. Natürlich muss das lokale Bier – zusammen mit einem Schmalzbrot – auch verköstigt werden. Am 3. Sonntag im Juni findet übrigens immer das Braufest statt. Generell gibt es viele Kulturveranstaltung von Frühjahr bis Herbst. Nur jetzt scheint der Ort ein bisschen im Winterschlaf zu sein. Schön ist es trotzdem.

Nur 1 Stunde entfernt liegt die Landeshauptstadt Dresden. Unser Hotel „Suitess“ befindet sich direkt neben der Frauenkirche in der Altstadt. Wir können unser Auto also getrost in der Garage lassen und auch hier alles zu Fuß ablaufen. Wir drehen eine erste Runde durch die Gassen bis zum Terrassenufer und streifen die Oper, den Zwinger (der gerade eine große Baustelle ist) und das Residenzschloss. Am Altmarkt findet gerade das Winterfest statt. Rund um den Eislaufplatz und eine Rodelrutsche stehen kleine Hütten für Speis und Trank. Ein bisschen wie Christkindlmarkt und sehr nett. Schließlich kehren wir zur Frauenkirche zurück. Der Eintritt ist frei und so besichtigen wir den 91 Meter hohen Kuppelbau, der 1726 bis 1743 von George Bähr geschaffen wurde. Nach der Zerstörung 1945 blieb die Frauenkirche eine Ruine, bevor sie 1993 bis 2005 wiederaufgebaut wurde. Im nahen Augustinerbräu lassen wir den ersten Tag ausklingen.

Tag 2 starten wir mit dem Hop-on/off Bus und fahren zunächst einmal die vollen 90 Minuten durch um einen guten Überblick mit allen Infos zu bekommen. Dann melden wir uns kurzerhand zu einer Führung durch die Semperoper an, die schon 15 Minuten später beginnt und ausgesprochen interessant ist. Von 1838 bis 1841 errichtete der Baumeister Gottfried Semper den Rundbau in den Formen der italienischen Frührenaissance. Er wurde als eines der schönsten europäischen Theater berühmt, fiel aber schon 1869 einem Brand komplett zum Opfer. Der zweite Bau wurde von Sempers Sohn Manfred geleitet, da Gottfried Semper aufgrund seiner Teilnahme an den Maiaufständen ins Ausland fliehen musste. Der rege Briefaustausch der beiden war ein Segen für Dresden. Denn nachdem die Oper 1945 im 2. Weltkrieg erneut zerstört wurde, trugen die architektonischen Details im Briefwechsel wesentlich zum Wiederaufbau bei. Erst 1987 konnte die heutige Semperoper wieder eröffnet werden. Von ihrer Pracht hat sie nichts verloren.

Noch einmal steigen wir in den Bus und halten dieses Mal im gehobenen Wohnviertel Weißer Hirsch, das am Rande eines Waldes liegt. Es ist bekannt für Jugendstilvillen und ein breit gefächertes gastronomisches Angebot, von dem wir gerne Gebrauch machen. Wir besuchen die Bergstation der Standseilbahn und können von einem nahen Aussichtspunkt mit Obelisk einen Blick über das weite Tal werfen.

Im Busticket inkludiert ist auch ein Nachtwächterrundgang, der um 20 Uhr startet. In einer kleinen Runde erzählt uns Hieronymus in ausgesprochen witziger Art viele Anekdoten. Wir sind begeistert!

Ein letztes Frühstück in der Altstadt und dann geht es weiter nach Leipzig. Da es regnet und wir noch nicht einchecken können, bummeln wir durch die vielen Einkaufspassagen. Hier geht es viel quirliger zu als in Görlitz oder Dresden, was vielleicht auch daran liegt, dass vor dem alten Rathaus gerade Markttag ist. Ganz in der Nähe befindet sich die Thomaskirche, in der Johann Sebastian Bach begraben liegt. Überhaupt ist das musikalische Erbe der Stadt überall in Form von Straßennamen, Museen oder Skulpturen sichtbar. Leipzig war ja nicht nur die Wirkungsstätte Bachs, sondern auch der Mendelssohn Bartholdys, der Schumanns und Mahlers und der Geburtsort von Richard Wagner. Wir kehren in einem der vielen gemütlichen Restaurants ein und fahren schließlich in unser Hotel, dem „Premier Inn Leipzig City Oper“.

Auch hier lassen wir das Auto stehen und laufen am nächsten Morgen zuerst zur Nikolaikirche, die einst ein Treffpunkt für die Montagsdemonstrationen war, die im Jahr 1989 den Sturz des DDR-Regimes herbeiführten. Weiter geht es durch die Altstadt bis zu den Höfen am Bruehl, wo wir uns in der Lukas-Bäckerei ein feines, spätes Frühstück gönnen.
Heute ist es kalt, aber sonnig. Genau richtig für einen Besuch im Zoo. Nun sind wir ja grundsätzlich keine Fans von Zoos, aber dieser hier gilt als einer der schönsten in Deutschland und wurde uns besonders ans Herz gelegt. Die sechs authentischen Tierbereiche verteilen sich auf eine 27 Hektar große Parklandschaft und wir brauchen weit über 3 Stunden um das Areal abzulaufen. Man sieht, dass der Umbau zum „Zoo der Zukunft“ in vollem Gange ist. Viele interaktive Stationen machen ihn auch für Kinder zur Erlebnis- und Wissenswelt. Ein besonderes Erlebnis ist das tropische Gondwanaland. Hier kann man zum Teil über Hängebrücken durch den Regenwald wandern und sogar eine kleine Bootsfahrt unternehmen. Auch wenn nicht alle Bereiche des Zoos offen sind und sich das eine oder andere Tier vor uns versteckt hat – insgesamt nehmen wir einen sehr positiven Eindruck mit. Und die Vorfreude auf unsere Safari im Mai ist geweckt – dann können wir Giraffen, Zebras und Löwen in freier Natur erleben. Wir sind schon gespannt.

An der Oper gibt es auch in Leipzig einen Eislaufplatz. Etwas kleiner als in Dresden, aber Hunger und Durst können an den kleinen Ständen gestillt werden und wer mag, kann eine Runde mit dem bunt beleuchteten Riesenrad drehen. So geht unsere Zeit in Sachsen stimmungsvoll zu Ende.

Jänner 2025

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